Frühwarn-Software bei Infektionsausbrüchen

Pilotprojekt LOKI soll Gesundheitsämtern künftig ein lokales Frühwarnsystem für epidemiologisch relevante Infektionsausbrüche zur Verfügung zu stellen – maßgeschneidert und praxistauglich.

„Taucht ein gefährlicher Krankheitserreger mit epidemischem oder gar pandemischem Potenzial auf, ist das Wichtigste, möglichst schnell zu reagieren“, sagt Prof. Michael Meyer-Hermann, Leiter der Abteilung System-Immunologie am HZI. „Mit LOKI entwickeln wir eine Frühwarn-Software, die Gesundheitsämter künftig dabei unterstützen soll, lokale Ausbrüche zu detektieren und das Infektionsgeschehen gemäß regionaler Besonderheiten zu modellieren – damit passgenaue Maßnahmen eingesetzt werden können.“ Denn das Leben in der Großstadt ist ein anderes als das auf dem Land. Und auf das Infektionsgeschehen wirken sich die Unterschiede zwischen den Lebenswelten – wie Anzahl der beruflichen und privaten Kontakte, tägliche Wege, Haushaltsgröße oder Altersstruktur einer Region – deutlich aus.

Meyer-Hermann koordiniert gemeinsam mit seinem Kollegen Dr. Sebastian Binder das über vier Jahre laufende Projekt, an dem neben dem HZI weitere Partnerinstitutionen beteiligt sind. „In der ersten Phase des Projekts wird es darum gehen, die lokalen Daten zusammenzutragen, die die Besonderheiten der jeweiligen Region ausmachen. Das erfolgt mit Unterstützung von fünf am Pilotprojekt teilnehmenden Gesundheitsämtern“, erklärt Binder. Da die Zusammenführung von Daten im Gesundheitsbereich hohe Anforderungen an den Schutz privater Daten stellt, sind Privatsphäre und IT-Sicherheit Prioritäten im Projekt und fallen in die Zuständigkeit des auf Informationssicherheit spezialisierten CISPA. Prof. Cas Cremers, leitender Wissenschaftler am CISPA: „Dies ist eine einmalige Gelegenheit, durch das Zusammenführen von Daten frühzeitig auf die Entscheidungsprozesse in einer pandemischen Lage einzuwirken. Das bedeutet aber gleichzeitig, dass wir die Sicherheit und den Schutz der Privatsphäre des Systems, das wir entwickeln, unbedingt gewährleisten müssen.“ Sein Kollege Prof. Mario Fritz fügt hinzu: „Wenn wir verschiedene Datenquellen sicher und privatsphärenkonform zusammenführen können, bietet uns das die Chance, künftig sehr viel besser auf pandemische Lagen vorbereitet zu sein. Mit dem aus diesen Daten gewonnenen Wissen lassen sich Gegenmaßnahmen gezielter und damit gesellschaftlich verträglicher gestalten.“

Die so gewonnenen Daten werden mit öffentlich verfügbaren Daten ergänzt und gehen dann in einen automatisierten Modellierungsprozess ein. Als weitere Datenquelle stehen Ergebnisse aus dem Abwassermonitoring der Arbeitsgruppe von Prof. Antonis Chatzinotas am UFZ zur Verfügung. „Eingespeist werden die riesigen Datenmengen anschließend sowohl in verschiedene Gleichungs- als auch agentenbasierte Computermodelle, die wir für LOKI entwerfen. Über Hochleistungsrechner sind damit detaillierte Vorhersagen möglich, wie sich das Ausbruchsgeschehen lokal entwickeln könnte und welche Wirkung die eingeleiteten Maßnahmen hätten“, erklärt High-Performance-Computing-Experte und Forschungsgruppenleiter Dr. Martin Kühn vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt. Hierfür werden vom Forschungszentrum Jülich eine sichere Cloud-Infrastruktur sowie maßgeschneiderte, hochautomatisierte Werkzeuge zur Echtzeitanalyse des Infektionsgeschehens unter Berücksichtigung von Prognoseunsicherheiten entwickelt.

Im Zentrum des LOKI-Projekts steht die enge Zusammenarbeit mit den am Projekt beteiligten Gesundheitsämtern, die in sämtliche Entwicklungsprozesse eingebunden werden. „LOKI soll ja später auch angenommen werden und in der Praxis reibungslos funktionieren“, sagt Meyer-Hermann. Prof. Dagmar Starke, Leiterin der Akademie für Öffentliches Gesundheitswesen, ergänzt: „Dazu entwickeln wir in LOKI Lehr- und Beratungskonzepte, um die neue Frühwarn-Software zur Erkennung von Epidemien in den Gesundheitsämtern zu implementieren und zu optimieren.“

DIE PROJEKTPARTNER:

Akademie für Öffentliches Gesundheitswesen (AÖGW)
CISPA Helmholtz-Zentrum für Informationssicherheit
Forschungszentrum Jülich
Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ)
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt

Quelle: HZI

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