Bessere Vorhersage von Allergierisiko

Für eine Weile sind Allergiegeplagte in der Wintersaison von Pollen verschont gewesen. Doch die Pause für laufende Nasen oder gravierendere allergische Reaktionen verkürzt sich jährlich immer weiter: In manchen Regionen Deutschlands fliegen angesichts des Klimawandels etwa Haselpollen schon seit Dezember. Zudem wirken in Städten andere Faktoren als im ländlichen Umfeld. Um speziell in urbanen Gebieten künftig das Allergierisiko von Betroffenen besser vorhersagen zu können, will Professorin Dr. Susanne Jochner-Oette von der KU mit ihrem Team am Beispiel von Ingolstadt wissenschaftliche Grundlagen schaffen. Mit der Birke und ihren Pollen wird dabei eine höchst allergene Art im Mittelpunkt stehen. Gefördert wird das Vorhaben „PECurban“ von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG).

Jochner-Oette hat an der KU die Professur für Physische Geographie / Landschaftsökologie und nachhaltige Ökosystementwicklung inne und forscht seit vielen Jahren zum Einfluss des Klimawandels auf den Pollenflug. Sie betont: „Der Klimawandel wirkt sich nicht nur aus auf Start und Dauer der Pollensaison, sondern bei manchen Pflanzen auch auf die Menge an Pollen und ihre Allergenität. Schadstoffe könnten das allergene Potential zusätzlich beeinflussen. Wir haben zum Beispiel in einem vorherigen Projekt festgestellt, dass die Allergenität von Birkenpollen an Standorten mit hohem Ozonwerten erhöht ist.“ Etwa 15 Prozent der Bevölkerung in Deutschland seien von Allergien betroffen, die nicht nur lästig, sondern auch lebensbedrohlich verlaufen könnten. Damit sich die Geplagten besser an die möglichen Folgen des Klimawandels anpassen können, bedarf es also detaillierter Kenntnisse zum Wechselspiel der verschiedenen Einflussfaktoren.

Denn schon die klimatischen Bedingungen in Städten unterscheiden sich von denen auf dem Land und haben somit einen Einfluss auf die städtische Vegetation und die Entstehung von Pollen. Und auch die städtischen Strukturen haben Einfluss auf Luftströmungen, die Ausbreitung und Ablagerung von Pollen hemmen oder fördern: Hohe Gebäude und komplexe Oberflächen können Luftturbulenzen erhöhen, so dass die Pollenkonzentrationen zwischen einzelnen Vierteln sowohl vertikal als auch horizontal stark variieren. Deshalb soll im Rahmen des Projektes erstmals ein spezielles Modell für das Stadtklima zum Einsatz kommen, um die Verteilung von Pollen im Untersuchungsgebiet zu simulieren und mit tatsächlich gemessenen Konzentrationen zu vergleichen. Dazu wird bei der Studie in Ingolstadt ein Messnetz installiert, das die Pollenkonzentration an einer Vielzahl verschiedenen Standorten sowohl auf Straßenniveau als auch mit auf Dächern angebrachten Instrumenten registriert. Mit Hilfe von Bärlapp-Sporen wurde bei einer Vorstudie schon erfolgreich das Potenzial dieses Vorgehens und des gewählten Klimamodells getestet. „Wir konnten zeigen, dass die wichtigsten Ausbreitungsmuster durch die Simulation gut wiedergegeben werden“, erklärt Professorin Jochner-Oette.

Außerdem wollen sie und ihr Team die Intensität der Pollensaison auf innovative Weise beschreiben. Denn bislang werden vor allem zwei Parameter erfasst: Der Ist-Zustand der Pollenkonzentration durch Luftproben als Momentaufnahme sowie die Ausgangsmenge an Pollen in den geschlossenen Blüten. Doch wie viel davon jedoch zu welchem Zeitpunkt tatsächlich von den Pflanzen freigesetzt wird bzw. wie viele Pollen sich noch als „Munition“ zu verschiedenen Stadien in der Blüte befinden – diesem Aspekt wird bislang kaum Beachtung geschenkt. „Die laufende Bestimmung der Emissionsraten ist ein neuartiger Ansatz, um die tägliche Pollenfreisetzung zu bestimmen“, betont Professorin Jochner-Oette. Über die gesamte Pollensaison hinweg wird daher laufend an ausgewählten Birken im Stadtgebiet von Ingolstadt der noch verbleibende Pollengehalt quantifiziert. Dies ist als Datengrundlage wichtig, um wiederum die Verbreitung der Pollen – zusammen mit Daten zu Wetter und Pollenkonzentration in der Luft – genauer als bislang prognostizieren zu können.

Auch die Bürgerinnen und Bürger selbst können einen Beitrag zu diesem Projekt leisten: Über das bereits etablierte Portal „BAYSICS“ (www.baysics.de) und eine dazugehörende App können Allergikerinnen und Allergiker Informationen zu ihren Symptomen liefern, die wieder mit den gesammelten Messdaten in Bezug gesetzt werden können. „Ziel des Projektes wird es auch sein, eine Risikokarten zu entwickeln, die neben der Verteilung von Birkenpollen auch den Einfluss von Schadstoffen und den thermischen Komfort im städtischen Umfeld berücksichtigen wird“, schildert Professorin Jochner-Oette. „Denn hohe Temperaturen sowie die Schadstoffbelastung haben große Auswirkungen auf die Gesundheit – besonders für Allergiker.“

Quelle: Katholische Universität Eichstätt-Ingoldstadt

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