Wie reagieren Zellen auf Mikro- und Nanoplastik?

Microplastic

Forscherteam des Bundesinstituts für Risikobewertung prüft mögliche gesundheitliche Wirkungen von Plastikpartikeln

Je kleiner Plastikteilchen sind, umso leichter werden sie von Zellen aufgenommen. Daneben spielen Form, Oberfläche und die chemischen Eigenschaften eine wichtige Rolle bei der Antwort auf die Frage, wie sich die Partikel auf menschliches Gewebe auswirken. Das ist das Ergebnis einer Studie von Forscherinnen und Forschern des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR), die im Fachblatt „Microplastics and Nanoplastics“ veröffentlicht wurde. „Mit dieser Untersuchung wollen wir helfen, die noch ziemlich großen Wissenslücken beim Thema gesundheitliche Effekte von ,Nanoplastik‘ zu schließen“, sagt Dr. Holger Sieg, Leiter des Forschungsprojektes. „Allerdings handelt es sich um Laborversuche mit Zellkulturen, die man nicht einfach auf den Menschen übertragen kann.“

Plastikteilchen gelangen aus verwitterndem und zerfallendem Kunststoff, Autoreifenabrieb, Kleidung und vielen anderen Quellen in die Umwelt. Dadurch können verschiedene Arten von Mikroplastikteilchen eingeatmet oder mit Getränken und Lebensmitteln aufgenommen werden.

Als vergleichsweise geringes Risiko für die menschliche Gesundheit gilt nach derzeitigem Wissensstand Mikroplastik. Es ist zwischen einem Mikrometer (millionstel Meter, Einheit µm) und fünf Millimeter (tausendstel Meter, Einheit mm) groß und damit zu „sperrig“, um von menschlichen Zellen in nennenswertem Umfang aufgenommen und im Körper verteilt zu werden. Es ist unverdaulich und wird größtenteils wieder ausgeschieden.

Nanoplastik kann in die Zellen gelangen

Anders sieht es bei kleineren Partikeln aus, dem Submikro- und Nanoplastik. Diese Teilchen sind zwischen einem Nanometer (milliardstel Meter, Einheit nm) und 1000 Nanometer (entspricht einem Mikrometer) groß. Hier ist bislang noch nicht sicher bekannt, ob und in welchen Mengen sie in den menschlichen Körper gelangen können.

Holger Sieg und sein Team beschäftigten sich mit Submikrometer- und Nanoplastik und ihren Effekten auf menschliche Dünndarm- und Leberzellen. Weil diese Partikel so klein und schwer zu studieren sind, ist es kein leichtes Unterfangen, zu zuverlässigen Erkenntnissen über ihre Einflüsse auf menschliches Gewebe zu gelangen. Das BfR-Team benutzte dazu unter anderem verschiedene Mikroskopier- und Prüfverfahren. Die Zellen wurden verschiedenen Kunststoffen ausgesetzt, die etwa in Plastikgeschirr und -besteck oder in Lebensmittelverpackungen eingesetzt werden.

Darmschleimhaut nimmt nur wenig Mikropartikel auf

Es zeigte sich, dass mehr Partikel aufgenommen wurden, je kleiner diese Teilchen waren. Auch die Art der Partikel spielte eine wichtige Rolle. Die Dünndarmzellen als natürliche Barriere zwischen Darminhalt und Organismus erwiesen sich dabei als eher widerstandsfähig. Nur in geringem Maße „sickerte“ Mikroplastik in die Zelle ein. Die noch kleineren Partikel im Submikrometerbereich konnten hingegen in größeren Mengen in Darm- und Leberzellen gemessen werden. Die Teilchen lagerten sich entweder direkt an den Zellmembranen an oder wurden in kleinen Bläschen aus Zellmembran eingeschlossen, einem als Endozytose bezeichneten Prozess.

Es ist noch nicht geklärt, ob solche künstlichen Einschlüsse den normalen Stoffwechsel der Zelle stören können. Plastikteilchen könnten auch potentiell schädliche Substanzen an sich binden und diese als „trojanisches Pferd“ in die Zelle einschleusen. Als mögliche Effekte durch Submikrometer- und Nanoplastik werden zum Beispiel Entzündungsprozesse im Gewebe diskutiert. Inwieweit dies der Fall ist, will die BfR-Forschergruppe in weiteren Studien untersuchen.

„Obwohl wir im Labor mit einem Modellsystem gearbeitet haben, das die Realität nur sehr vereinfacht abbilden kann, können unsere Erkenntnisse dazu beitragen, Wissenslücken über das Verhalten der kleinsten Plastikpartikel zu schließen“, fasst der BfR-Fachmann Holger Sieg zusammen. „Doch kann noch nicht gesagt werden, ob die Ergebnisse auch für den Menschen gültig sind. Dazu müssen die Laborbefunde in Folgeversuchen überprüft werden.“

Quelle: Bundesinstitut für Risikobewertung

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